Experts have been unable to understand the origin of the practice of routine male circumcision. Most of the literature shows no awareness of phimosis - its frequency - or the sexual and erectile problems which can be cured by circumcision. If routine circumcision had been introduced for this most obvious reason of eliminating difficult foreskins; then the importance of an alternative modern method, suitable to our culture's attitudes in this day and age, would be clear.


FELIX BRYK
"Die Beschneidung bei Mann und Weib"

Gustav Feller. New Brandenburg. (l93l)
TEIL ZWEI
S. 98 - 126


SUMMARY
Full Index

Teil Zwei
Page 120-149
p. 120
p. 123
p. 128
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p. 138
p. 140
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p. 143
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Unterchiedlichen Eingriffe
Hoden exstirpation
Dicissio (Subincision)
Perforatio
Incisio Glandis
Decutio
Ploss
Andree...Schurtz
Stoll - (psychologie)
Renz
"Märchen"
S. 98
S. 101
S. 106
S. 111
S. 113
S. 113
S. 114
S. 117
S. 118
S. 119
S. 123

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Alle Verst�mmelungen und Manipulationen am m�nnlichen Glied ni�ssen besprochen werden, will man der Frage auf den Grund gehen. Der Begriff Beschneidung darf nicht zu eng gezogen werden, sonst w�rde sich die Geschichte nur mit den hochspezialisierten Operationen am Penis zu besch�ftigen haben und

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die primitiven, aus denen sie hervorgegangen sind oder die sie ersetzen, die aber unbedingt zum Beschneidungskomplex geh�ren, w�rden nicht zu Worte kommen.

Zeller (p. 131) fa�t unter dem allgemeinen Begriff Beschneidung folgende f�nf Arten von Eingriffen am m�nnlichen Geschlechtsgliede zusammen.

1. Inzision (= incisio)
2. Durchstechung (= perforatio)
3. Zirkumzision (= circumcisio vera)
4. Subinzision (= introcisio)
5. Hoden-Exstirpation (= exstirpatio testiculi)

Als gemeinsames Merkmal f�r diese f�nf Arten von mehr oder weniger eingreifenden Verst�mmelungen erw�hnt Zeller die rein sekund�re Begleit-Erscheinung, "da� sie stets unter besonderen Zeremonien vollzogen werden. Oft sind allerdings nur mehr ganz unbedeutende Relikte dieser Riten vorhanden, namentlich dort, wo das Gesch�ftliche �berwiegt. Man darf aber aus diesen �berresten ruhig auf ehemalige wichtige Zeremonien schlie�en, denn im Laufe der Jahre k�nnen Gebr�uche sich �ndern oder sogar z. T. verschwinden und nur mehr Andeutungen hinterlassen"

v. Hovorka (p. 131), unterscheidet folgende Operationen, die am m�nnlichen Membrum vorgenommen werden, je nachdem, welchen Teil sie umfassen:

a) Discissio urethrae (Aufschlitzung der Harnr�hre = Urethrotomia externa).
___1) totalis -(Mika-operation)
___2) partielle Spaltung (auch aus rein medizinischen Gr�nden laut von Steinen)
b) Perforatio penis (Ampallang)
c) Implantatio
d) Circumcisio
e) Excisio
f) Incisio
g) Infibulatio

Nach dem heutigen Stande der Beschneidungskunde m�ssen wir folgende Arten von unblutigen und blutigen Eingriffen am m�nnlichen. Gliede unterscheiden:

p. 100

I - DENUDATIO GLANDIS (- RETRACTI0 PRAEPUTII)- (unblutig)
a) manualis (allgemein; besonders Japan)
b) chemica (Massai, Nandi)

II. - LIGA'I'URA PRAEPUTII("Kynodesme"; Eskimo, S�damerika) - (unblutig)

III - PERFORATIO PRAEPUTII (Infibulatio Romanorum; Chines. Ostturkestan)

IV - AMPUTATIO PRAEPUTII, CIRCUMCISIO PENIS (SEU CIRCUMSECTIO) -.i
a ) Incisio praeputii (Samoa, Celebes, Juden; auch medizinisch)
b) Excisio praeputii (Tataren (Gmelin; vgl. p. 42) e
c ) Circumcisio partialis (Massai, Jao, Kikuyu, Hottentotten, Suk (?)
d) Circurncisio totalis (Juden, Islamiten, etc.; auch medizinisch als Postectomie (1) 1) Auch Phimosiectomie oder nach dein Hebräischen Orlatomie genannt.

V - DISSECTIO FRENULI(S�damerika, Tahiti, und Loyalty-Inseln (Sarasin) vi.
VI - PERFORATIO GLANDIS ("Ampállang", "Kambiong", "Kaleng", Karesau-Insula'ner (?); Mexico) bl N7
VII - INCISIO GLANDIS (Wakainba)
VIII - IMPLANTATIO (Batta, Sumatra) ix.
IX - RECUTITIO (Erneuerung der Vorhaut, fr�her bei den Israeliten).
X - CUTITIO (Yemen)
XI - DISCISSIO URETHRAE (Mika-operation Introcisio)
XII - AMPUTATIO PENIS(Skopzen; als Strafe)

p. 101

XIII - EXSTIRPATIO TESTICULI SINISTRI (Hottentotten, Ostafrika, Panopé, Freundschafts-Inseln) xiv.
XIV - CASTRATIO (Eunuchismus im Orient; Vatikans�nger).

Discissio urethrae tritt nur in Verbindung der vorher ausgef�hrten Zirkumzision auf; auch die unter XII, XIV angef�hrten Eingriffe k�nnen kombiniert auftreten.

Wir lassen vorl�ufig einige Arten, vor Allem alle unblutigen, unberucksichtigt, weil sie an anderer Stelle besser in den Rahmen der Ausf�hrungen passen, und f�hren nur die Formen von Verst�mmelungen an, die uns zum Verst�ndnis der von der Psycho-Analyse ber�cksichtigten Erkl�rungsversuche schon jetzt unumg�nglich n�tig sind.

Hoden-Exstirpation (k�nstliche Monorchie).

Der alte Kolbe (p.420) war der erste, der uns �ber die einseitige Kastrierung der Hottentotten, die heute nicht mehr ausge�bt wird, einen sehr ausf�hrlichen Bericht hinterlassen hat. Frobenius hat sie auch f�r Ostafrika, und sogar f�r Algier (freilich nur im Mythos), nachgewiesen. L. Schultze spricht sich freilich etwas skeptisch �ber diesen angeblich Brauch der Hottentotten aus; er schreibt:
"Die m�nnliche Scham habe ich nie an irgend einem Teile beschnitten gefunden." (1) "Die alten Nachrichten von der vermeintlichen Sitte der Hottentotten, dem mannbarwerdenden Knaben einen Hoden zu entfernen, sind heute nicht mehr nachzupr�fen." "Vielleicht haben die alten Berichte ihren Ursprung in einer �rztlichen Ma�nahme der Hottentotten, (die Kroenlein (Wortschatz der Khoikoin, 1889, S. 202) aus der Zeit vor rund f�nfzig Jahren notiert: Ausschneiden eines Hodens als Heilmittel gegen Kreuzschmerzen. Vielleicht liegt hier aber noch eine alte mythologische Vorstellung zu Grunde: F�r die Raphe scroti fand sich die seltsame Bezeichnung ginas om daob, d. h. der Pfad (da-ob) oder Saum, den die Fliege, (ginas) gen�ht hat.. Dieses Wort fu�t unzweideutig auf der Vorstellung eines aufgeschnittenen Hodensackes. Zu

1) Luschans Berichte versichern dagegen das Vorkommen einer Bescnedung. (B.)

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ihr hat vielleicht der erste verwundene Anblick der Raphe den Anla� gegeben und ein Mythos, wie der vom Mond und Hasen f�r die Hasenscharte (Lit. 81, S. 448) oder wie die Geschichte vom Pavian und Zebra f�r die Ges��schwielen und die Kastanien (81, S. 535) die phantasie-beschwingte Eklärung eingeflochten."

Die Hoden-Exstirpation bei den Bergdama - Familien wird von Walk (p. 886) erw�hnt.
Da der Kolbesche Bericht wiederholt in den meisten Werken, die sich, mit dem Sexual-Leben der Primitiven befassen, abgedruckt ist, f�hre ich einen weniger bekannten von Finsch �ber den k�nstlichen Monorchismus der Bewohner der Insel Ponapé an.
"Nach der Versicherung eines l�ngere Zeit auf dieser Insel ans�ssigen Wei�en, eines Seemanns, begn�gen sich die M�nner mit einem Hoden; schon im Alter von 7 bis 8 Jahren wird allen Knaben der linke Hoden mittelst eines gesch�rften, St�ckes Bambus exstirpiert. Dies soll deshalb geschehen, weil man dadurch einer m�glichen Orchitis f�r immer vorzubeugen vermeint, und dann, weil die M�dchen einhodige M�nner, sch�ner und begehrlicher finden. Mein Gew�hrsmann versicherte, daß alle Ponapesen, die er nackt zu sehen bekam, nur den rechten Hoden aufzuweisen hatten, und dies wurde mir durch einen anderen Matrosen, der ebenfalls l�ngere Zeit auf der Insel lebte best�tigt. 1)"

1) "Ich habe seither aus dritter Quelle die volle Best�tigung erhalten, so da� kein Zweifel herrschen kann." Auch von Capit�n Wright erfuhr Finsch, da� eine gleich Sitte auf Ninatabutu (Freundschaftsinsel) herrsche, "wo fast jeder 20 Jahre alte, junge Mann nur einen Hoden besitzt." Knaben wetteiferten, zuerst operiert zu werden. Weder Wright noch Finsch erwähnen irgendwelche mit der Hodenexstirpation im Zusammenhange stehenden Zeremonien.

Finsch erw�hnt weiter die k�nstliche Hervorbringung der Vagina hypertelica durch Zerren, Lecken und Bei�en (!) seitens der M�nner, ja sogar
"durch Stich einer gro�en schwarzen Ameise, der, wie ich selbst erfuhr, einen prickelnden Reiz verursacht."
Bemerkenswert dabei ist der von den Eingeborenen angegebene Zweck der einseitigen Verschneidung, da� die
"Frauen den Umgang mit halb-entmannten M�nnern vor-

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ziehen", und da� "solche M�nner ausdauernder in coitu sein sollen." 1)

1) Sollten die Eingeborenen Steinach vorgeahnt haben? (B.)

Auch der prophylaktische Zweck spukt herum: sie soll Hodenelephantiasis und Orchitis vorbeugen. (Finsch, Joest, p. 91.)

Mit dieser einseitigen Hoden-Exstirpation wird oft die Verschneidung und die Phallotomie verwechselt, ja identifiziert.

PIC - Fig 6 Zur Strafe für Ehebruch verstümmelter Azande - 2) Dem Ehebrecher wurden Penis, Skrotum abgeschnitten und die H�nde abgehackt. Die verst�mmelten Arme wurden dann in siedendes �l getaucht, um Verblutung zu verh�ten. Seine legitime Ehefrau pflegt ihn trotzdem mit Liebe weiter und er befriedigt sie nun nur noch mit dem Armstummel.

p. 104

Dadurch wird die Sache vereinfacht, aber eine Begriffs-Verwirrung herbeigef�hrt, die dann bei den Spekulationen �ber die Entstehung der Beschneidung freilich leichter zum Ziele f�hrt. Wenn z. B. Freud von einer Kastrations-Vorstellung der Kinder, die �ber die Beschneidung nachdenken, spricht, so meint er darunter wahrscheinlich die amputatio penis, nicht die Verschneidung.

Pelikan hat alle ihm bekannten Motive der Verschneidung zusammengestellt, hat aber bei den einzelnen F�llen nicht genau angegeben, ob dabei. auch eine Phallotomie vorkommt. Man kann annehmen, da� in den von ihm mitgeteilten F�llen von Strafmitteln auch die Abschneidung des Penis, oder sogar nur sie alleine ausgef�hrt wurde. Sehr merkw�rdig ist die Kastraten-Sekte der Skopzen in Ru�land, die aus rein religi�sen Erw�gungen zu dieser furchtbaren Selbstverst�mmelung greift (1) Es mag da f�r den Seelenforscher zum tieferen Verst�ndnis dieses Problemes von Werte sein, wenn ich einen latenten Seelenvorgang schildere, der bei irgend einem andauernden �u�eren Antriebe schlie�lich zur amputatio penis f�hren mu�. Ich h�rte in meiner Jugend einen alten, monomanen Mann (Paranoiker?) beim. Harnen folgendes sagten: "Ich schneide ihn ab! warum soll der Ast den Baum regieren?"

1) Nach Pelikan werden die verschiedenen Grade von Kastration von den Skopzen folgend benannt: "Kleines Siegel" = Abtragung der Hoden; "Zaren-Siegel", "zweite Reinheit", "zweites Wei�werden", "den Schimmel besteigen" = Abtragung der Hoden und des Penis.

"Die Motive, die ... der Verschnieidung, von der hier ausschlie�lich die Rede sein soll, zu Grunde liegen, sind ihrem Charakter nach von den �ltesten Zeiten bis auf unsere.Tage �u�erst verschiedenartige.
a) die Eunuchen (2) werden im Orient noch heutzutage als Diener in den Harems verwendet

;2) Nach Adler (p. 72) soll der t�rkische Sultan Amurad II., nachdem er die unerwartete Beobachtung gemacht hatte, da� ein Wallach eine Stute besch�lte, die radikale Vorsichtsma�regel eingef�hrt haben, fortan als Haremsw�chter nicht blo� Kastrierte, d. h. der Hoden beraubte, sondern volle Eunuchen, bei denen bekanntlich die ganzen �u�eren Genitalien entfern sind, zu verwenden. (B.)

b) Semiramis soll die Schw�chlinge unter ihren Untertaneu haben castrieren lassen, um eine Schw�chliche Generation nicht aufkommen zu lassen

p. 105

c) aus der Geschichte des byzantinischen Kaiserreichs sind vielfache Beispiele von Castration zu politischen Zwecken, um einer gewissen Dynastie den Thron zu sichern, bekannt:

d) sp�terer Zeit wurden in Italien junge Leute castriert, um ihre Discantstimme (soprano) f�r l�ngere Zeit zu erhalten;

e) in China findet diese barbarische Sitte in der P�derasten-Prostitution ihre Begr�ndung;

f) endlich w�ren hierher noch vereinzelte F�lle von Castration aus Rache und Eifersucht, aus Furcht vor syphilitischer Ansteckung, um sich vom Milit�rdienst zu befreien, in Anf�llen von Wahnsinn u. dgl. mehr zu rechnen. Auch ist es beknnt da� die Castration in früheren Zeiten als Strafmittel f�r verschiedene Criminalverbrechen, Nothzucht u. dergl. angewendet worden ist." (Pelikan, p. 5-6.)

Außerdem sollen sich Onanisten und von Pollutionen Gequ�lte, der Verschneidung unterziehen, �hnlich wie nymphomane Weiber der Klitorektomie. (Laurent & Nagour, p. 71.)

g) dazu geh�rte schlie�lich die Kastraten-Sekte der Skopzen (1) in Ru�land, die Sklaven eines religi�sen Dogmas sind, das im Mi�verst�ndnis von Cliristi Worten seinen Ursprung hat:
"Denn es sind Etliche verschnitten, die sind aus Mutterleibe also geboren; und sind Etliche verschnitten, die von Mensehen verschnitten sind; und sind Etliche verschnitten, die sich selbst verschnitten haben um des Himmels willen." (Matth.." XIX, 12).
- In den Valesianern sollen sie ums dritte Jahrhundert n. Chr. ihre Vorg�nger gehabt haben.

1) Auch in �gypten lassen sich die M�nche der Kopten entmannen.. (Papceri, p. 353.) Selbst in Finnland (Sotkamo) (?) soll eine �hnliche Sekte unter der evangelischen Bev�lkerung existieren. (B.)

Die Kastration wird aber nicht nur von den Kindern mit der Beschneidung verwechselt, selbst im R�mischen Strafrecht wird die Beschneidung mit ihr identifiziert bezw. ihr untergeordnet. Laut Mommsen :ist die
"Castration, insoferne sie mit Willen des Castrierten oder seines Gewalthabers vollzogen wird, in fr�heren Zeiten allein Anschein nach straffrei gewesen. Domitian hat sie auch bei Einwilligung sowohl f�r Freie wie f�r Sklaven in dem ganzen Umfang des Reiches verboten (unter Umst�nden mit Todesstrafe)."

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Auch die Beschneidung wurde sehr scharf bestraft, eben weil sie als eine Art von Kastration aufgefa�t wurde.
"Erst Hadrian hat, wahrscheinlich nicht aus religi�sen Gr�nden, sondern wegen der �u�erlichen �hnlichkeit derOperation die Beschneidung der Castration gleichgestellt, was damals zu den Ursachen des schweren j�dischen Aufstandes mitgeh�rt hat. Sein Nachfolger hat sie den Juden gestattet und auch in �gypten. Sonst aber wurde die Beschneidung auch ferner der,Castration gleichgeachtet und gestraft." Mommsen (p. 637).

Baumann geht so weit, zu behaupten: "la castration, l`eunuchisme et la circoncision ne sont que de modifications amoindries l'une de l'autre."
"Die Kastration hatte auch unter den Hebr�ern existiert, Mose eiferte sehr gegen diesen Gebrauch und ging selbst so weit in seinen Verordnungen, sogar das Verschneiden des Viehes zu verbieten." (Trusen, p. 94, Wunderbar, p. 32 -33).

Nach Hirsch sind
"C�libat und Kastrierung dem j�dischen Gottesbunde ebenso fluchw�rdige Ausw�chse wie Wollust und Ausschweifung."

Die Entstehung der Kastration soll hier eingehend nicht ber�hrt werden, weil sie uns zu weit vom Haupt-Thema entfernen w�rde; nur insoferne sie mit der Beschneidung Ber�hrungspunkte zeigt, soll sie besprochen werden.
"Die noch jetzt in manchen Gegenden Afrika's herrschende Sitte, die Beschneidung erst an erwachsenen J�nglingen vorzunehmen, mochte in Verbindung mit der bei der Vielweiberei m�chtigen Eifersucht das Entstehen dieser Operation, durch welche man Frauenw�chter zu bilden suchte, beg�nstigt haben," meint Trusen (p. 94).

Discissio urethrae.

Eine ganz merkw�rdige,. fast ganz unverst�ndliche Verst�mmelung des m�nnlichen Gliedes wird im weiten Osten bei den Australiern vorgenommen. Sie ist unter dem Namen der Mika-Operation in der einschl�gigen Literatur bekannt und beruht auf einer mehr oder weniger langen Aufschlitzung der Harnr�hre bis zum Orificium urethrae (Introcisio, Subincisio). von Gennep erkl�rt sie f�r durchaus nicht grausamer, auch nicht

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symbolischer als die weit verbreitete Beschneidung (Karsch, p. 73). Milne Robertson meint, sie aus einer primitiven Wundheilkunst bei etwaiger Harnr�hren-Entz�ndung ableiten zu k�nnen (Karsch, p. 73). Als Vorbild h�tte eine nat�rliche Hypospadie gedient. Die Eingeborenen geben nach Karsell (p. 74) als Erkl�rung an:
"Vor der Mika-Operation seien die Menschen nicht besser als Hunde,oder andere niedere Wesen."

Die ersten Deuter wollten in der Introcision eine Ma�regel erblicken, um die Geburtenzahl zu regulieren" indem durch sie eine ejaculatio praecox erzielt werde. Abgesehen davon, da� der primitive Mensch andere Mittel hat, die Geburt zu dezimieren (- dur Kindermord -) ist die Prämisse von der Sterilit�t der Operierten falsch, da die Introzisierten dennoch Kinder zeugen und sich alle Bewohner euer Bezirke, nicht blo� Einzel-Individuen, durchwegs jener Operation unterziehen. Erst Klaatsch ist der Nachweis gelungen, da� die introzision homo-erotischen Zwecken dient.

Nach ihm ehen die introzisierten M�nner des Stammes Niol-Niol (- Wambu genannt -) mit noch nicht introzisierten J�nglingen und Knaben (Walebel genannt) eine innige, fast dauereheliche Verbindung ein. Der Wamba soll dabei behufs geschlechtlicher Befriedigung den Schlitz seiner Urethrea derart erweitern, da� sie bis zum Hodensack offen bleibt. Nun stecke der Walebel (J�ngling) seinen Penis in das so entstandene Loch des introzisierten Penis und erziele durch langes Reiben einen Samenergu� beider Beteiligten.

Aus dieser Angabe erkl�rt sich, warum die introzisierten M�nner des Pitta-Pitta-Stammes (nach Roth) "meko-maro" = Vulva-Besitzer) hei�en.

Sehr anschaulich lautet Eylmanns Bericht �ber die Operation. Nach Eylmann besteht die Subinzision "durchweg in der Blo�legung der Harnr�hre durch auf der Penisunterseite ausgef�hrte Einschnitte, welche vom Hoden-

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sack bis zur Spitzen�ffnung reichen können. Ein Operation-Helfer, der rittlings auf dem Bauche des zu operierenden Knaben sitzt, spannt dessen Penis m�glichst straff und an diesem f�hrt dann der Operateur die Schnitte in wenigen Z�gen aus. Nach Durchtrennung der Haut wird die Wunde durch Auseinanderzerren, des Gewebes mit Hilfe beider Daumen bis zur Harnr�hre erweitert. Durch stairk, wohl hauptsachlich dem die Harnr�hre einh�llendeh Schwellk�rper entstammende Blutung soll der Patient zwar sehr geschw�cht, seine Sch�digung durch Verletzung der Hauptschwellk�rper des Penis jedoch von dem kundigen Operateur vermieden werden. Auch soll behufs sicherer und bequemer Ausf�hrung der Operation ein K�nguruhknochen in die Harnr�hre geschoben werden. Die Operation wird wiederholt, falls die Wundr�nder sich zusammenschlie�en und verwachsen. Von der Operationsspalte ist nur am erhobenen Gliede etwas wahrzunehmen. Ihr Vorhandensein wird jedoch an dem fast verdoppelten Umfang des Penis leicht erkannt. F�r den mit so einer k�nstlichen Hypospadie behafteten australischen Eingeborenen hat der Engl�nder den Spottnamen whistle-cock gepr�gt." (Karsch, p. '69.)

Nicht bei allen australischen St�mmen wird die Penis-Verstummelung nach geschilderter Weise vorgenommen. Ich verweise auf Walter E. Roth, der einen ganz abweichenden Operationsakt von den Pitta-Pitta und Yaroinga mitteilt.
"Auch die Ausdehnung des Schnittes ist nicht �berall die gleiche. Milne Robertson gibt an, bei den Eingeborenen von De Grey River reichte der Penisschlitz nur vom Meatus (= Kanal) "bis zur Mitte des Gliedes, bei den an der Nordseite des Murchison lebenden Schwarzen dagegen vom Meatus �ber die ganze L�nge des Gliedes bis zur Wurzel des H�densacks. Nach Creed bleibt bei den Gawler Ranges Australiern die Operation auf eine Durchbohrung der untern Harnr�hrenwand im Penisteile vor dem Hodensack beschr�nkt.
"Bei einigen St�mmen bescheidet sich das Zeremoniell nicht mit einem einzigen Schlitz. So machen nach W. E. Roth " die Undekerebina in Queensland hinter dem L�ngsselinitt noch einen Querschnitt und die Yaringa f�hren sogar nach demselben Gewährsmanne zwei L�ngs-

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schnitte in der Weise aus, da� ein Hautlappen entsteht, welcher �ber einem hinter ihnen gef�hrten Querschnitt herabh�ngt

F�r den Operationsakt hat Miklucho - Maclay die Bezeichnung "Mika" Eingenommen. Sp�ter hat man diese Operation auch "Subinzision" schlie�lich "Introzision" benannt.

Der Schlitz wird durch ein kunstvoll zugespitztes Quarzmesser oder eine Muschelschale, sogar durch Glas ausgef�lirt. Bei Karsch (p. 72, f.5) finden wir solch ein steinernes Mika-Messer mit Scheide nach Lumholtz abgebildet. Eylmann (p. 118) sagt: "Die Subincision kommt stets im Verein mit der Circum-

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cision vor, und zwar wird diese immer fr�her ausgef�hrt als jene. Im Binnenlande beschneidet man die jungen Burschen, wenn sie ein Alter von Funfzehn bis siebzehn Jahren erreicht haben. Die Spaltung erfolgt entweder gleich nach der Heilung der Wunde, also nach f�nf bis sechs Wochen (Ar�nta), oder erst im verlaufe der n�chste Jahre (Tjingale). Zu beiden Operationen bedient man sich zwischen den 15 und 25 Breitengrade eines steinernen Messers mit einem Griff aus Triodiharz. Nur am Lake Eyre; wo man diese jetzt nicht mehr besitzt, gebraucht man einen scharfen muschelförmigen Steinsplitter zu diesem Zwecke. Auch bei den St�mmen der Nordk�ste, wo die Beschneidung Sitte ist, mu� der junge Bursche sich dieser unterziehen, wenn er f�nfzehn, sechszehn oder siebzehn Jahre alt ist. Zur Abtrennung der Vorhaut gebraucht man ebenfalls einen Steinsplitter, da auch hier eigentliche Steinmesser nicht angefertigt werden. Bei den meisten St�mmen wird, wenn ich so sagen darf, ein lebender Operationstisch benutzt den zwei aufeinanderliegende M�nner, den R�cken nach oben gerichtet, darstellen. Um den Burschen am Schreien zu verhindern, steckt man ihm einen Schamschurz oder dgl. in den Mund, und um ihn am Schlagen und Treten zu verhindern, l��t man ihn von drei oder vier M�nnern halten. Der eine von diesen pflegt w�hrend der Operation rittlings auf dem Bauche des Burschen zu sitzen.

Was die Beschnieidung betrifft, so wird die Vorhaut, indem ein Assistent sie straff zieht und ein anderer den Penis an der Wurzel h�lt, dicht vor der Eichel vom Operateur durchgeschnitten. Die Walwonga sollen sie noch au�erdem an ihrem oberen Ende mit einem Faden zusammenschn�ren. Seine Vorhaut bewahrt der Operierte bei den n�rdlichen St�mmen, welche die Subinzision nicht kennen, in einem kleinen Netzbeutel auf, den er am Halse tr�gt. Unter diesen St�mmen i�t die Mutter des betreffenden Burschen der sitte gem�� etwas von dem "Fette" (ger�stet oder roh) aus der Wundfl�che des Penis. Wie uns Spencer und Gillen mitteilen, haben die Ar�nta eine ahinliche Sitte: bei ihnen

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verschlingt ein j�ngerer Bruder des Operierten die Vorhaut." (1) Bei Karsch (p. 82-87) findet sich eine genaue Zusamrnenstellung aller australischen Stamme, bei denen die Mikaoperation ausgef�hrt wird.

1) Spencer und Gillen, The Native Tribes of Central Australia, p. 251.

Perforatio penis (Durchl�cherung des Penis)

Pater W. Schmidt gibt uns �ber diese bei den Karesau Insulanern einen sehr detaillierten Bericht, dem wir nur das Wesentliche entnehmen:
"Nachdem das Geisterhaus geschlossen ist, wird der in der Reihe der Knaben zuerst stehende. von seinem Paten an einen nach dem Meeresufer zu abseits liegenden Platz gef�hrt, wo sich schon zwei andere M�nner aufgestellt haben. Von den Knaben wei� keiner, was jetzt mit ihm vorgenommen werden soll. An der Stelle angekommen, fa�t der Pate die H�nde des Knaben hinter dessen R�cken zusammen und beugt den Kopf desselben ganz nach hinten aufw�rts und zur�ck, so da� der Knabe nichts von dem sehen kann, was jetzt unten vor ihm geschieht.

"Der eine von den beiden dort wartenden M�nnern (Priester) h�lt einen spitzen Dolch aus Kasuarknochen, etwa von der Breite eines m��igen Federhalters, in der Hand. Mit diesem durchsticht er den Penis des Knaben an dessen Spitze (2) an einer Seite von oben nach unten so, da� die Spitze des Dolches unten wieder hervorkommt, und zieht den Dolch dann zur�ck; dann st��t er auf der andern Seite des Penis noch einmal hinein, aber nicht soweit, da� die Spitze hervorschaut, und zieht dann den Dolch wieder heraus.

2) Wohl das Pr�putium gemeint. (B.)

"Ist der Knabe noch sehr jung, etwa 11-13 Jahre alt, so ist damit die Operation vollendet. Ist er dagegen �lter, so hebt der erste Mann mit dem Dolch an beiden Wunden die Vorhaut empor und der zweite schneidet dann mit einem scharfen etwa daumenbreiten Bambusmesser die ganze Vorhaut rund herum ab.

"Die Vorhaut wird entweder in einen Ameisenhaufen geworfen oder in einer kleinen Grube in die Erde verscharrt.

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"Es wird auch später an den jüngeren Knaben, an welchem die amputatio praeputii jetzt nicht vorgenommen wurde, diese nicht mehr nachgeholt, auch wenn sie sp�ter heiraten. Wenn einer dagegen einmal in ein fremdes Dorf kommt, dort das Geisterhaus besucht, ohne, wie es Gesetz f�r Fremde ist, vorher Betel und Pfeffer oder Yams usw. als Opfer vor demselben niedergelegt zu haben, so wird er von den Eingeborenen des Dorfes dar�ber zur Rede gestellt. Wenn er sagt, er habe es vergessen, so wird ihm nicht geglaubt; es wird angezweifelt, ob er �berhaupt ein schon Eingeweihter sei - nicht eingeweihte Knaben, dann M�dchen und Frauen �berhaupt d�rfen, niemals das Geisterhaus betreten -, er wird untersucht, und wenn dann die amputatio praeputii noch nicht vorgenommen war, wird sie jetzt gewaltsam an ihm vollzogen.

"Ein schon Verheirateter kann, wenn er noch keine Kinder hat, die allgemeine Beschneidungs-Zeremonie durchmachen. Hat er aber Kinder, so wird ihm die Vorhaut unversehens amputiert und er darf zeitlebens nur heimlich, ohne Vorwissen der Frauen und Kinder, das Geisterhaus besuchen.

"Der Reihe nach wird nun an den Knaben und J�nglingen die Operation vollzogen. Die gr��eren J�nglinge halten sie wohl standhaft aus, ohne zu weinen. Aber die kleineren weinen und schreien und beschimpfen die M�nner, suchen auch wohl nach Steinen, sie zu werfen und sagen, das sei "nicht sch�n" von ihnen, das w�rden sie den Frauen sagen. Darauf zeigen ihnen die M�nner Speere und Dolche und drohen mit dem Tode, wenn sie es sagen w�rden. Wenn ein Knabe besonders ungeb�rdig ist, wird er noch einmal gestochen.

"Die Operierten laufen gleich ins Meer, um dort die Wunde zu waschen. Wenn einer, wie das besonders die Kleineren wohl tun, sich am Ufer hinlegt und weint, so wird er von den M�nnern br�sk aufgehoben und ins Meer geworfen. Erst wenn der Letzte ins Meer hineingetreten ist, d�rfen es alle wieder verlassen.

"Dann wird jedem ein Laubg�rtel angelegt, w�hrend die Knaben bis dahin �berhaupt nackt umhergelaufen sind. Wenn die amputatio praeputii vorgenommen worden ist, wird dieser Gurt auch sp�ter nicht mehr abgelegt. Die Kleineren aber,

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die blo� gestochen worden sind, legen ihn sp�ter doch oft wieder ab, wenn die Wunden vernarbt sind."

Es wurde zu weit. f�hren die ganze Zeremonie mit all den ihnen folgenden Feiern, so wichtig sie f�r die Folklore sind, hier anzufahren Nur noch des Blutkultes, der mit dem Beschneidungsgedanken im Zusammenhange steht und bei der Abschlu�feier ausge�bt wird, sei gedacht. Pater Schmidt schreibt:
"Unterdessen haben die M�nner aus einer der muldenf�rmigen Steinh�hlungen, die am Ufer, vom Wellenschlag ausgeh�hlt, sich befinden, da� stehende Meerwasser entfernt und S��wasser hineingetragen. Tum penem sibi transfigunt (= Dann durchbohren sie sich den Penis); wohl das Pr�putium? (B.) ) (mit dem oben erw�hnten Kasuarknochen) et sanguinem in de scaturientem decurrere faciant ( "und lassen das Blut laufen". (B.)) in jene Mulde, in dem sie es mit dem Wasser vermischen. Das etwa auf den Rand laufende und dort koagalierende Blut wird auch hineingeschabt, so da� dicke St�cke darin herumschwimmen. Zuletzt probiert einer der M�nner, indem er sich niederbeugt und,den Mund anlegt, um zu kosten, ob Blut genug darin sei.

"Aus dieser Mulde m�ssen nun die Knaben trinken, indem sie sich niederlegen und mit dem Munde das Gemisch einschl�rfen.

"Den Knaben wird jetzt gesagt, wenn sie wollten, k�nnten sie jeden Tag transfigendo penem sanguinem sibi extrahere. ( "sich Blut aus dem durchbohrten Penis lassen". (B.)) Es wird nicht zur Pflicht Gemacht; .aber wenn jemand krank wird, glaubt man, das geschehe, weil er es nicht getan. Die Kleineren tun es nicht, wohl aber die Gr��eren.

Incisio glandis.

Nach Lindblom wird bei den bereits beschnittener Wakamba an der Basis der Eichel, ein Schnitt gemacht, der mit Bier begossen wird. Diese Operation hei�t im Gegensatze zur wirklichen Beschneidung "der kleinen" "die gro�e" oder "die Beschneidung des Rhinozeros".

Decutitio.

�ber eine unerh�rt barbarische Sitte, die bei den Yesidis im Vilajet Assir im Yemen herrscht, berichtet Risa:

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"Die Beschneidung wird bei ihnen im 15. bis 20. Lebensjahre ausgef�hrt; es wird ein Hautstreifen vom Nabel bis zum Anus entfernt, die Haut am Penis und Skrotum einbegriffen." Das wird coram publico im Stehen ausgef�hrt, der Operierte h�lt sich an einer Lanze fest. "Der Beschneider kniet vor ihm und trennt mit stumpfen Messer die Haut, Lappen f�r Lappen ab, die jedesmalige Trophae dem rings versammelten Volke zeigend. Der Beschnittene. darf nicht schreien, nicht wehklagen, sonst wird er verachtet und von seiner Braut, die dem Akt beiwohnt, verlassen. Hei�es �l kommt auf die Wunde. Oft sterben die Leute an den Folgen, viele verlassen den Stamm."

WIR lassen nun zum besseren Verst�ndnis der psycho-analytischen Ausf�hrungen die Erkl�rungsversuche von Ploss, Renz, Stoll, Schurtz, Frazer, Andree folgen. Heinrich Ploss (p. 368f.) spricht sich folgend �ber den Zweck der Beschneidung aus:

Zweck und Absicht dieser Operation liegt meiner Ansicht nach in dem Bestreben die Natur zu corrigiren, ihr bei ihren angeblichen "Verirrungen" zu Hilfe zu kommen und an den Sexualorganen einen Zustand herbeizuführen, welchen man für einen beim erwachsenen Menschen normalen hält, und der von der Natur an kleinen Kindern wohl nie von selbst, in der Pubertätsepoche sehr oft auch noch nicht spontan hergestellt, vielmehr zum Nachteil der sexuellen Funktionen gar nicht selten in das Mannesalter hinübergebracht wird; - man will die "Phimose" beseitigen, denn man hält den mit einer solchen behafteten Menschen für minder zeugungsfähig.

Um dies zu verstehen, muß auf die Umwandelung hingewiesen werden, welche am Penis allmälig bis zum zeugungsfähigen Alter in der Regel, wenn auch nicht immer, vor sich geht. Die Vorhaut, welche die Eichel bedeckt, ist beim Neugebornen stets so gestaltet, dass sie nur mit Mühe oder gewaltsam über die Eichel zurückgezogen werden kann; nach und nach wird sie im Verhältnis zum ganzen wachsenden Gliede (Penis) an ihrer Oeffnung viel ausdehnbarer, so dass sie sich später meist von selbst zurückstülpt, namentlich dann, wenn sich der Penis in Erection befindet.

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Das neugeborne Kind besitzt also ganz regelmäßig eine Phimose, d.h. eine solche Verlängerung der Vorhaut, mit gleichzeitiger Engigkeit ihrer Mundung, dass die (beim Manne zur Ausübung des Coïtus für die Ejakulation förderliche) Zurückschiebung hinter die Corona der Glans nicht ausführbar ist.

Wenn nun überall, und ohne Frage selbst bei den Schlecht oder unzulänglich beobachtenden Naturvölkern die Thatsache wahrgenommen wurde, dass der zum Manne herangewachsene Jüngling die Eichel nicht selten frei zu tragen beginnt, weil das Präputium sich von selbst (1) zurückschiebt und hinter der Corona liegen bleibt, dass aber auch beim Manne die Eichel im erigierten Zustande nur ausnahmsweise noch von der Vorhaut bedeckt bleibt, so erschien die Bedeckung der Eichel durch die Vorhaut als ein nicht normales Verhältnis, dem man corrigirend schon frühzeitig und ganz allgemein entgegentreten muss. (2)

1) ?; in der Regel greifen schon die Knaben manuell vor. (B.)

2) Ploss widerspricht sich, da er doch erw�hnt, da� sich das Pr�putium in der Regel von selbst zur�ckschiebt und die Eichel bei der Erektion unbedeckt bleibt; also ist kein Grund zur Beschneidung vorhanden. (B.) - Ploss widerspricht sich nicht da er erwähnt "in der Regel" (RS.)

Somit fasse ich die ursprüngliche Tendenz der Beschneidung auf als den operativen Vorbereitungsact auf die Sexual-Function des Mannes. Man betrachtete die noch immer bei dem Jüngling in einigem Grade vorhandene Bedeckung der Eichel mit der Vorhaut, den seit frühester Jugend noch vorhandenen, immerhin geringen Zustand der Phimose als etwas mehr oder weniger Hinderliches für den Coïtus, das man durch einen operativen Eingriff beseitigen muss.

Daher kommt es, dass die meisten Urvölker erst in demjenigen Lebensalter die Vorhaut ein- oder wegschneiden, in welchem die Reife zum Geschlechtsgenuss, die Pubertät, erreicht ist (3); man will den Jüngling mit einem Male völlig reif und normal in sexueller Hinsicht machen.

3) Also in jenem Alter, in dem sich die Vorhaut bereits "von selbst zur�ckschiebt". (B.)

Es ist hiermit gleichzeitig ein Act auszuführen, durch den der junge Mensch gleichsam in die Reihe der reifen, heiratsfähigen Männer aufgenommen wird, man verknüpft diesen Act mit gewissen diese Aufnahme symbolisierenden Ceremonien; dabei mochte man auch im Hinblick auf den Schmerz, den diese an dem sehr empfindlichen männlichen Sexualorgane vorzunehmende Operation verursacht, eine Art Prüfung der männlichen Standhaftigkeit im Auge haben.

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Allein diese, auf die sexuelle Reife "vorbereitende" Operation wird ja auch, z. B. bei Juden und Mohamedanern schon in ganz jugendlichem Alter ausgeübt; hier glaubt man schon an Neugebornen dem Zustande der natürlichen Unfertigkeit entgegentreten zu müssen.

Schon dem Kinde will man eine möglichst zahlreiche Nachkommenschaft garantieren und sich nicht auf den Zufall verlassen, ob die an ihm bemerkte, dem Zeugungsact vielleicht nicht hinderliche Phimose dereinst sich von selbst beseitigen wird oder constant bleibt. Da wurde es dann für ein Gott wohlgefälliges Werk betrachtet; denn es galt den Juden schon an sich für höchst werthvoll, zahlreiche Nachkommenschaft zu besitzen."

Es ist ... nicht zu läugnen, dass das Fehlen der Vorhaut, sei es in Folge angeborener Missbildung, sei es durch zufällige Verwundung, sei es durch absichtliche Wegnahme weit mehr Vortheile als Nachtheile bringt, indem einerseits die hohe Empfindlichlkeit der Eichel, anderseits die Neigung zu Excoriationen und Entzündung aufgehoben wird.

Die Reinhaltung der Oberfläche der Eichel wird erleichtert, die Ansammlung und Zersetzung des Schleimes (Smegma) wird verhindert, Eicheltripper wird vermieden und Geschwüre (namentlich syphilitische) können weniger leicht Fuss fassen. Daher meinen auch manche Aerzte, "dass die Abwägung aller dieser Vortheile und Nachtheile seinerzeit der einzige Grund zur Einführung die Beschneidung abgegeben haben möge, und dass sie somit im Orient und in heissen Ländern überhaupt bei wirklich verlängerter Vorhaut ihre Berechtigung hatte"

Gegenüber dieser Ansicht muss ich nochmals wie ich schon oben gethan, hervorheben, dass nur in wenig Fällen die bestimmte und wirkliche Absicht, gesundheitliche Vorkehrungen zu treffen, bei der Ein- und Ausführung der Beschneidung offen ausgesprochen wird, oder sonst zu Tage tritt, indem nur einzelne Völker z.B. die Samoaner sanitäre Rücksichten, Beförderung der Reinlichkeit u.s.w. ausdrücklich hervorgehoben

Eine ungemein grosse Anzahl von Völkern, welche die Beschneidung üben, zeigt sogar sehr wenig Passion für Reinlichkeit, und es lässt sich daher wohl kaum annehmen, dass sie gerade am männlichen Gliede ausnahmsweise recht reinlich sein wollen. Es muss ein anderes psychisches Motiv vorliegen, welches sie zur Vornahme der Operation bewog."

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Auch Richard Andree (p. 166-212) stellt sich auf denselben Boden wie Ploss, den er am Schlusse seiner Ausf�hrungen zitiert. F�r die amerikanischen Eingeborenen macht er jedoch eine Einschr�nkung.
"Die Ansicht, da� das Abschneiden der Vorhaut ein Opfer f�r die G�tter sei, ja sogar ein Surrogat f�r die denselben dargebrachten Menschenopfer, ist wiederholt ausgesprochen worden und erscheint wenigstens f�r Amerika begr�ndet ....

"F�r diese ... V�lker scheint es mir ganz sicher, da� die Opfer-Idee das Ma�gebende und die Ursache der Einf�hrung der Beschneidung ist. W�re in Amerika der noch sp�ter zu erw�hnende und bei den meisten V�lkern vorhandene Hauptzweck, n�mlich die Vorbereitung auf die Zeugung, ma�gebend gewesen, so w�re die Beschneidung auch viel weiter verbreitet in jenem Erdteile. Sie ist aber in der Tat nur sehr sporadisch vorhanden und wo sie vorkommt mit Blutopfern und religi�sen Handlungen verkn�pft. Im allgemeinen mu� ich aber dabei bleiben, da� nicht ein Zweck Ursache der Beschneidung ist, sondern da� ganz gewi� auch die OpferIdee bei einer Anzahl V�lkern dieselbe herbeif�hrte, wenn auch f�r bei weitem die meisten ein anderer Gesichtspunkt f�r deren Einf�hrung vorhanden war, ein Gesichtspunkt, dessen Kenntnis bei ihnen ganz verschwunden ist und erst wieder aufgefunden werden mu�te."

Andree wendet sich gegen den urspr�nglich religi�sen Charakter der Beschneidung, wie er noch bei den Juden zu tage tritt, auch gegen den Erkl�rungsversuch von v. Autenrieth, sowie die gesundheitliche Pr�ventiv-Ma�regeln der Operation.

Im �hnlichen Sinne wie Ploss �u�ert sich Heinrich Schurtz (1, p. 96,f.) :
"Ganz unmittelbar auf die nunmehrige Freiheit des Geschlechtsverkehrs bezieht sich bei den Knaben in der Hauptsache nur eine, allerdings au�erordentlich verbreitete Sitte, die der Beschneidung, deren Zweck trotz aller tiefsinnigen Hypothesen doch wohl nur der ist, die Begattung zu erleichtern (l) und allenfalls im hygienischen Sinne zu wirken."...

1) Hiermit wird zugegeben, da� Unbeschnittene die Begattung schwer ausf�hren. (B.)

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"Sitte der Beschneidung, die in ihren verschiedenen Formen wohl urspr�nglich den Zweck verfolgt, den Geschlechtsverkehr zu erleichtern, und die erst allm�hlich hier und da, wie bei den Juden, durch sekund�re Gr�nde gest�tzt und bis, in die ersten Lebenstage des Kindes vorgeschoben worden ist." (11, p. 119.)

Otto Stoll (p. 543ff.) gibt in seinem ausgezeichneten Werke eine sehr ausf�hrliche Begr�ndung des Beschneidungsgedankens, wobei er zwei verschiedene Gruppen Begleiterscheinungen bei der Operation am m�nnlichen Gliede unterscheidet:

"Die erste Gruppe umfa�t diejenigen F�lle, bei denen es sich um eine absichtlich spezifische, auf den Genital-Apparat beschr�nkte und durch dessen wirkliche oder vermeintliche physiologische Rolle bedingte Operation handelt. Als klassisches Beispiel dieser Art haben wir die Beschneidung der Juden kennen gelernt. Dahin w�re auch die einseitige Hoden-Exstirpation der Hottentotten zu rechnen.

"In der zweiten, gr��eren Gruppe bilden die an den Genitalien vorgenommenen Verst�mmelungen nur einen Teil einer ganzen Serie von blutigen Operationen mit dem Charakter von Weihezeremonien; das spezifische Element tritt dabei mehr oder weniger stark zur�ck, und es ist gewisserma�en zuf�llig (?B.), da� neben der Durchbohrung der Ohren und der Nase oder neben der Anlage von Narbenzeichnungen auch am Genital-Apparat herum operiert wird: dieser bildet, in diesen F�llen einfach einen Angriffspunkt mehr, in dem operiert werden kann, ohne das Leben des Individuums zu gef�hrden ...

"Es ist wahrscheinlich, da� diese zweite, gr��erere Gruppe noch das urspr�ngliche Verh�ltnis darstellt, und da� sich auch die F�lle der ersten Gruppe, bei denen sich heute die blutigen Verfahren auf den Genital-Apparat beschr�nken, erst sekund�r aus solchen der zweiten Gruppe entwickelt haben, indem bei steigender Kultur die rohen Verfahren des ausgiebigen Einschneidens der Haut, des Ausbrechen der Zähne usw. entweder ganz verlassen wurden oder allm�hlich mildere Formen, wie das einfache Durchbohren der Ohrläppchen und der Nasenscheidewand oder der Nasenfl�gel, annahmen, w�hrend die am Genital-Apparat vorgenommenen Operationen

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infolge besserer Einsicht in seine physiologische Bedeutung ein spezifischeres Gepr�ge erhielten ...

"Versuchen wir endlich, die den F�llen der zweiten Gruppe zugrunde liegenden psychologischen Momente herauszuschalten, so werden wir sie etwa in folgenden allgemeinen Umst�nden zu suchen haben:


"1 . In der bei primitiven V�lkern durchg�ngig vorhandenen Gleichg�ltigkeit gegen fremdes k�rperliches Leiden.
"Diese Gleichg�ltigkeit dokumentiert sich in erster Linie und am auff�lligsten in der nicht nur rohen, sondern vielfach grausamen Behandlung der Tiere jeder Art, sogar der Haustiere, bei ihrer Verwendung zur Dienstleistung, dann aber auch beim Schlachten und bei der Opferung. Es handelt sich dabei um einen allgemeinen Zug der menschlichen Seele, der nicht nur den "Naturv�lkern", sondern ganz ebensowohl den niederen Schichten der sogenannten "Kulturv�lker" eigent�mlich ist und von welchem sich nur die h�chst kultivierten Individuen innerhalb der letzteren auf Grund ihrer Einsicht und Selbstbeherrschung mehr oder weniger freizumachen verm�gen.

"Mit Ausnahme der allerh�chsten Kulturstufen, die stets nur durch einzelne Individuen, niemals durch ganze "V�lker" vertreten werden, wird diese Gleichg�ltigkeit auch auf den Mensehen �bertragen und nimmt nicht selten den Charakter absichtlicher und raffinierter Grausamkeit an, der in f�rmlich sadistischer Weise vor allem in der Gepflogenheit fr�herer Kriegsf�hrung und Strafrechtspflege fr�herer Jahrhunderte auch in Europa zum Ausdruck kam.

"2. In der Gew�hnung an den Anblick des flie�enden Blutes, schwerer Verletzungen und lebhafter Schmerzens�u�erungen wie sie durch die H�ufigkeit des Kriegs bei fast allen V�lkern sich entwickeln mu�te.

"3. In der suggestiven Gewalt des Beispiels und der Stammestradition, die den einzelnen in psychischem Banne halten und ihn verhindern, an den überlieferten Sitten eine vorurteilslose Kritik zu �ben, sie auf ihre vernunftgem��e Motivierung zu pr�fen und, wo eine solche nicht erkennbar ist, an der Änderung und Beseitigung sinnlos gewordener Sitten zu arbeiten."

Renz Ansichten �ber die Beschneidung, die von der Plossehen abweichen zitiere ich nach Zeller (p. 101-103).

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Renz sieht in der Beschneidung eiinen Akt des Geschlechts bezw. Fruchtbarkeits-Kultus, wobei er von denjenigen V�lkern ausgeht, die mit der Beschneidung mehr oder weniger komplizierte Formen des Baum-, Pfahl-, Feuer-, Wasser- und Schlangen Kultus verbinden. Diesen Kulten liegt allen eine Apotheosierung der Fruchtbarkeit zugrunde. Daneben ist die Beschneidung offizielle Einführung in das Geschlechtsleben, auch bei den V�lkern, welche oben erw�hnten Kulte nicht ausführen.Bei Völker, welche das abgeschnittene Pr�putium oder Gegenst�nde, die mit.der Beziehung in Beziehung stehen, als kr�ftiges Zeugungsmittel verehren und mit sich herumtragen, kommt als Grund zur Beschneidung der Wunsch nach zahlreicher Nachkommenschaft in Frage. Daneben ist aber ein rein sexueller Zweck m�glich, indem einzelne V�lker von Erh�hung des Lustgef�hlsbei der Kopula erwarten.
"F�r sexuelle Bedeutung spricht auch der Umstand, da� sie meisten Völkern, auch bei der Anh�ngern des Mohammed im Pubert�ts Alter vollzogen wird.

"Da dort wird die Beschneidung auch als sühnender, reinigender Akt angesehen, was nicht unbedingt auf geschlechtliche S�nden, die ges�hnt werden m�ssen, hinzeigen mu�, sondern von jeglichem �bel bedeuten kann."

Renz (p. 412) sagt: "Sehr beachtenswert ist die Auffassung der Beschneidung als Wiedergeburt aus dem Magen, Bauch eines Geistes bei vielen V�lkern. Die Isolierh�tte, in der die Knaben lange verweilen müssen dient dabei als Bauch des Geistes. Sie ist zur Wiedergeburt oder doch Umgestaltung nicht immer n�tig, sondern ein Umfriedigung geheimer Platz tun dieselben Dienste."

Hierzu f�gt renz folgende Fu�note:
"Eben f�llt mir ein Exemplar von Frazers "The Golden Bough der 3.- Auflage (1911) in die H�nde, in welchem der Verfasser die Hoffnung ausspricht,den lang verlorenen Schl�ssel zur bedeutung der Beschneidung gefunden zu haben, d. h. Frazer vermutet, daß Wiedergeburt die urspr�ngliche und allgemein g�ltige Bedeutung der Beschneidung sei. Er kam zu dieser Ansicht, weil die ... ostafrikanischen Kikuyu ehemals ihre Beschneidung mit den Zeremonien einer scheinbaren Wiedergeburt verbunden hatten, welche jetzt ge-

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trennt voneinander gefeiert werden, und weil ... in Zentral Australien die abgeschnittenen Vorhaiute in die gleichen Totemb�ume, Totemfelsen und andere 'I'otemzentren gelegt werden, in denen die Menschenseelen w�hrend der Zeit zwischen ihrem Ausfahren aus einem Sterbenden und ihrer Wiedeirgeburt in einem Kinde verweilen.

"Frazers Ausgangspunkte entwerten selbstverst�ndlich die meinigen nicht, sondern bekr�ftigen sie. Die reiche Symbolik der V�lker gef�llt sich eben, ein und denselben Gedanken in mannigfachen Formen zum Ausdruck zu bringen. Wenn aber Frazer vermutet, die Bedeutung der Wiedergeburt sei die, da� dem Kandidaten die Zauberkr�fte eines Geistes zuerteilt werden, oder da� ihm die Scheingeburt (Wiedergeburt) zu einer wirklichen Wiedergeburt auf Erden (nach eingetretenem wirklichen Tod) verhelfen solle, so bezweifle ich das. Nach meinen obigen Darlegungen ... d�rfte es vielmehr weit wahrscheinlicher sein, da� die V�lker mit diesen Arten von Wiedergeburts-Zeremonien ausdrucken wollen, da� der Beschnittene, bezw. in die Reihen der Erwachsenen Aufzunehmende von jetzt an ein anderer Mensch sei als er bisher gewesen war, ein Mensch mit anderen Rechten und Pflichten als bisher, da� er nun sexuelle, soziale und religi�se Geburt erlebt habe."

Anl��lich des Bundesgedankens, wie er in der mosaischen Beschneidung zu Tage tritt, und des Freundschaftsb�ndnisses zwischei den gleichzeitig Beschnittenen bei anderen v�lkern schreibt weiter Renz (p. 144):
"Das uns Befremdende, da� das beschnittene Zeugungsglied Bundes- oder Stammes- oder National-Zeichen sei, und da� die Operation selbst als der geeignetste Moment zur Schlie�ung lebensl�nglicher Freundschaften gilt, verschwindet, wenn man an die Apotheosierung der Zeugungskraft bei den polytheistischen V�lkern und an die Hochsch�tzung der Zeugungskraft auch bei den Monotheisten denkt."

Schlie�lich bemerkt Renz (p. 148-149):
"Auch meine bisherigen Ausf�hrungen machen den Eindruck, da� die Knabenbeschneidung bei den weitaus meisten V�lkern als eine Vorbereitung zu den geschlechtlichen Funktionen erscheint. Und doch ist dieser Eindruck kein zwingender, weil er die Frage provoziert, ob denn die beschnittenen V�lker in

p. 122

ihrem Umgang mit den unbeschnittenen nicht einsehen, da� diese ihnen weder an Zeugungs-F�higkeit, noch an Gesundheit und Reinlichkeit, noch an sozialpolitischer Einheit nachstehen.

"Auch diese Schwierigkeit in der L�sung des Problems hat �brigens schon Andree bemerkt, der andererseits meinte, die Beschneidung habe eine religi�se Bedeutung erst dann erhalten, nachdem sie bereits vorhanden und ihre etwaige Heilsamkeit erprobt war.

"Diese Probe scheint aber die Beschneidung eben doch nicht bestanden zu haben, und so w�re denn anzunehmen, da� die so weit verbreitete Beschneidung auf einer irrt�mlicher Übersch�tzung ihrer Wirkung auf die Zeugung beruhe.

"Den religi�sen Charakter kann man ihr aber auch unter der letzteren Annahme und trotz vorgeworfener Veraltung bei den wenigsten V�lkern absprechen, wenn man Religion im weitesten Sinne, also auch im Sinne des Geschlechtskultes mit seinen zahlreichen Formen sieht, und das mu� man wohl, wenn man den Polytheismus als Religionsform auffa�t, was nicht zur�ckweisbar ist.

"Bundesgedanke, Fortpflanzung, Wiedergeburt, S�hneakt und Religion widersprechen sich im monotheistischen Religionsgedanken ebenso wenig wie im polytheistischen. Die verschiedenen Resultate, welche sich aus den Untersuchungen �ber Grund und Zweck bezw. Bedeutung der Beschneidung ergeben, k�nnen also eher als gegenseitige Erg�nzungen, denn als Widerspr�che angesehen werden."

Die Tatsache, da� die Knabenweihen fast stets mit p�dagogischen Qu�lereien. verbunden sind, veranla�t Kulischer zu folgender, wohl etwas �bertriebenen Äußerung

"Bei den afrikanischen V�lkern finden wir dieselben Qualen zur Zeit der Pubert�t wie bei den amerikanischen V�lkern, mit dem Unterschied, da� die Qualen in Afrika eine bestimmtere Form allgemein angenommen haben:die Form der Beschneidung."

A. Le Roy (p. 236) erblickt in der Beschneidung ein "interdit levé"; erst durch das Blutsopfer der Penisverst�mmelung kann das "permis d'user" erkauft werden.Reik (p. 981) meint,
"da� das Verbot, dessen partielle Aufhebung mit den Pubert�tsfesten verbunden ist, zuerst im engen Rahmen der Familie

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aufgerichtet und erst sp�ter �ber diese Grenzen hinausgezogen wurde."

Die Beschneidung schlechthin als ein Detail der Pubert�tsfeste aufzufassen, geht nicht an: nicht deshalb weil sie bei manchen V�lkern �berhaupt ohne Zeremonien ausgef�hrt wird, - die Feste k�nnten ja dabei, mit der Zeit aus anderen kultischen, sozialen oder praktischen Gr�nden weggefallen sein --, sondern weil die Mehrzahl der V�lker bei den Knabenweihen ohne Beschneidung auskommt. Die Tatsache, da� sie sich mit den anderen Zeremonien der Knabenweihe vergesellschaftet, berechtigt noch nicht zum Schlusse, da� sie einfach eine Episode und zwar die wichtigste - der Feier darstellt, da� sie allein aus der Knabenweihe zu erkl�ren, aus ihr hervorgegangen w�re. Die Beschneidung ist selbst�ndig aus ganz anderen Erw�gungen ersonnen worden, wurde dann von den M�nnerb�nden, die nach Thurnwald, die erste "greifbarere Form der Staatsbildung darstellen", in die bereits vorhandenen Knabenweihen aufgenommen, genau so wie sie von den Israeliten in den Bund verankert wurde. Da die Beschneidnug eine schmerzvolle Operation an und f�r sich ist und da auch die einzelnen Phasen der Knabenweihen schmerzvoll sind, so wurde, das gemeinsame Merkmal: das Marterhafte, Qualenvolle von einzelnen Autoren, besonders von der Psycho-Analyse als das Wesentliche an ihnen betrachtet. Wenn auch der Pr�logiker vielleicht die Institution der Beschneidung gerade deshalb, weil sie eine Nummer mehr im Programm der Knabenquälereien bedeutete, in das Zeremonial der Weihe aufgenommen haben k�nnte, so l��t sich daraus doch keineswegs ableiten, da� sie zu diesem Zwecke, geschweige aus diesem Motive entstanden sei.

Durch alle Knabenweihen gehen sehr viele gleiche und verwandte Z�ge und das Martern, Qu�len, Unterjochen ist einer der wesentlichsten. Die Knaben werden auch oft durch allerlei "Ammenm�rchen" eingesch�chtert,:an die sie vielleicht oder sogar sehr wahrscheinlich anfangs als etwas Wahres glauben, �ber deren fingierten, erdichteten Inhalt, der der Realit�t nicht entspricht, sie aber bald nach der Absolvierung der Knabenweihe im klaren sind. Daf�r bietet die Ethnologie mehrere Beispiele: so wird den beschnittenen Novizen bei den Nandi ein L�we vorgef�hrt.

Es ist finster. Ein L�we kommt und br�llt "guhl, guh". Er

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(der Knabe) zittert vor Angst. Bald darauf wird er b�se, weil er einsiecht, da� ihn die Leute zum Narren gehalten haben. Sie kommen und zeigen ihm n�mlich ein t�nernes Gef��. "Was ist dies?" fragen sie. "Ein Topf", antwortet er. "Das ist der L�we" bekommt er nun zu h�ren." (Bryk, I,. p. 59).

Das fr�her von ihm gef�rchtete Totemtier entpuppt sich nun pl�tzlich als Humbug! Solche Simulationen sind ja 'auch bei uns, leider noch erhalten, sie spielen bei der Erziehung der Kleinen eine gro�e Rolle, wenn ihnen vorn "schwarzen Rauchfangkehrer", usw. oder vom Storch (Totemtier?), der die Kinder bringt, erz�hlt wird.

Riek (p. 76-77) f�hrt uns ein sehr krasses Beispiel dieser bewu�ten Beschwindelung oder Irref�hrung der Iniziierten vor. Man denkt dabei an das �berlegene L�cheln der r�mischen Auguren.
"Die M�nner, welche sich solange durch die Mittel der Einsch�chterung vor den heranwachsenden Söhnen gesch�tzt haben, verschm�hen es jetzt, da sie die Jungen in ihre Gesellschaft aufgenommen haben, auch nicht, sie einen Blick hinter die Kulissen werfen zu lassen. So werden die Weiber und Kinder in Zentral-Australien immer wieder durch das Brummen des Schwirrholzes, das angeblich die Stimme des mythischen Wesens Tuanjiraka ist, in Angst versetzt. Die M�nner geben den J�nglingen nach der Beschneidung bei manchen St�mmen selbst solche Schwirrh�lzer und kl�ren sie �ber das Geheimnis auf. Dies geschieht bei den Aranda, wie der Mission�r Carl Strehlow erz�hlte 1) mit folgenden Worten:

1) Das soziale Leben der Aranda- und Loritjast�mme, Frankfurt am Main, 1913, p..25.

"Wir haben euch immer erz�hlt, da� dies Tuanjiraka sei, der dir die Schmerzen verursacht hat. Du sollst den Glauben an Tuanjiraka aufgeben und daf�r glauben, dieses Tuanjiraka. Wir haben euch Kinder und Frauen nur von diesem Schwirrholz (Nankara) erz�hlt und haben den Tuanjiraka mit ihm nur verglichen. Wie wir sollst auch du den Kindern wieder und wieder (von Tuanjiraka) erz�hlen. Damit ja nicht die Botschaft [da� es keinen Tuanjiraka gibt], sich ausbreite. Dann w�rden wir alle von der Erde verschwinden und man w�rde

p. 125

unter dem ganzen Himmel h�ren, da� wir ausgestorben sind. Wie wir, Beschnittener, sollst du es niemals verbreiten, damit ,diese Botschaft ja nicht den Kindern erz�hlt wird. Halte den Tjurunga [Schwirrholz] geheim und erz�hle den Kindern wieder von Tuanjiraka. Wie die Vorfahren, so bist auch du jetzt ein Mann geworden, behalte es f�r dich. Wenn die ,Kinder es erfahren sollten, w�rdest du totkrank werden. Wie wir, so sollst auch Du l�gen und sagen: "Es gibt gewi� einen Tuanjiraka". In edlerem Freimut gestehen also die M�nner jetzt ein, da� insbesondere Angst vor der heranwachsenden Generation es war, welche sie zwang, den D�mon ihre Rolle spielen zu lassen. Ihre Mahnung, dem Beispiele zu folgen, sowie die daran gekn�pfte Warnung, die zu M�nner gewordenen würden sonst totkrank werden und der Stamm aussterben, ist, wenn man ihre unbewu�te Bedeutung erfa�t, berechtigt: fallen diese Schutzma�regeln, dann werden sich die jungen Leute ihren aufr�hrerischen Gef�hlen �berlassen und die V�ter t�ten; der Stamm w�rde im Kampfe zwischen den beiden Generationen wirklich zugrunde. gehen.

Es mu� auch darauf hingewiesen werden, da� in den Sagen der antiken semitischen V�lker dieselbe Verschiebung, auf die G�tter, welche die Beschneidung fordern, erscheint wie bei den Primitiven. Von Jahwe geht bei den Juden der Befehl zu dieser Ma�regel aus; die Patriarchen als Repr�sentanten der V�tergeneration vollziehen ihn (Abraham, Josua). Die Aranda Zentral-Australiens leiten wie die j�dischen Mythen die Einf�hrung der circumcision (und Subincision) von g�ttlichen Wesen ab: der Margarkunjerkunja, der die Menschen der Urzeit gliederte, f�hrte die Operation ein; als sie in Vergessenheit geriet oder schlecht ausgef�hrt wurde, kamen zwei Habichtm�nner aus dem Norden, die an den in S�den wohnenden M�nnern mit einem Steinmesser die Beschneidung durchf�hrten."(1)

1) C. S trehlow, op. cit., p. 10.

Es ist auch bezeichnend, welche Erkl�rungen die Eingeborenen �ber den Grund der mystischen Zeremonien den Europ�ern gaben. "Wir essen die Schweine (2) und bel�gen die Weiber" (Reik, p. 65).

2) Es werden n�mlich bei den Pubert�tsfeiern in Australien auch Schweine verzehrt, von denen die Weiber nichts bekommen. (B.)

p. 126

Auf diese Grundzüge der Knabenweihe, die auch bei solchen vorkommt, die keine Beschneidung kennen, mu�te eingangs higewieseii werden, ehe der Erklärungsversuch der Psycho-Analyse angef�hrt wurde.

Weiter zum Teil Drei
Page 150-181

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Chapter Three
ANTHROPOLOGY
The Origins of Routine Male Circumcision
Phimosis Through the Ages
Bryk


reference: https://www.male-initiation.net/anthropology/bryk/bryk_de3.html
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